Da diese Fragen in regelmäßigen Abständen wieder auftauchen, schreibe ich hier mal eine grundsätzliche Abhandlung über kleben und dichten am Anhänger.
Ich mache Karosserie- und Fahrzeugbau schon längere Zeit privat und beruflich, trotzdem bin ich natürlich nicht im Besitz der letzten Weisheit. Ich schildere hier nur die Ergebnisse meiner Erfahrungen und bin natürlich erfreut, wenn jemand mit tieferem Wissen Irrtümer meinerseits korrigiert. Also immer her mit konstruktiver Kritik .
Bevor man die Masse wählt, sollte man sich im Klaren sein, was man damit machen will
Kleben oder dichten? Klingt banal, aber meistens machen viele hier schon den ersten Fehler. Ist es beim Abdichten mit Kleber noch fast egal, sieht das beim Kleben mit Dichtmasse schon anders aus. Ich kann euch versichern daß das keine gute Idee ist, weil sich die Verklebung unter Spannung löst. Woher ich das weiß? Eigene Erfahrung. Leider kann ich diese Erfahrung hier nicht niederschreiben, denn dann müßte ich meinen Gesellenbrief zurückgeben. Und ich würde vor Scham im Boden versinken, mein Wort muß euch reichen.
Fazit 1:
- Abdichten mit Dichtmasse
- Kleben mit Kleber
Wobei man mit geeignetem Kleber auch abdichten kann, kein Problem.
Das Material sollte für den Einsatzzweck geeignet sein
Wir betreiben hier Fahrzeugbau, keine Gas/Wasserinstallation, keinen Trockenbau, keinen Betonbau. Darum sollte man die Finger vom Silikon lassen. Das ist was für Duschkabinen. Abgesehen davon daß es sich nicht überlackieren läßt, haftet Silikon meiner Erfahrung nach im Randbereich schlecht und neigt dazu sich zu lösen. Mit Acryl kann man im Wohnzimmer Zierleisten aus Styropor ankleben und Rauhfasertapeten flicken. Fahrzeugbau ist eher nicht das Einsatzgebiet dafür.
Fazit 2:
- Silikon hat auf einem Fahrzeug nichts zu suchen, außer man baut ein Badezimmer im Anhänger ein. Zusätzlich ist das Essigvernetzende Silikon Quell von vielen Übeln, wenn Eisenwerkstoffe beteiligt sind (Rost).
- Acryl ist den Belastungen nicht gewachsen
Beim Kleben sollte man sich vergegenwärtigen, wo die Stärken von Kleber liegen
Es gibt drei Kraftwirkungen an Bauteilen: Zug/Druck, Scherung, Abschälung.
Richtig gut ist Kleber aber nur bei Zweien: Zug/Druck und Scherung. Abschälung kann Kleber gar nicht. Bei Tesafilm gnibbelt man ja auch immer erst eine Ecke hoch und zieht es dann ab. Eben darum. Wenn Bauteile großen Belastungen ausgesetzt sind, ist es immer eine gute Idee zusätzliche Befestigungselemente zu verwenden. Schrauben und Niete sind die üblichen Mittel der Wahl.
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Gleichmäßigen Zug (rot) und Druck (blau) auszuhalten ist die Königsdisziplin der Klebstoffe.
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Scherkräfte können Klebstoffe ebenfalls gut ab.
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Bei Abschälung versagen alle Klebstoffe. Die linienförmige Belastung der Klebefläche ist der Grund. Darum fällt der angeklebte Handtuchhaken auch meistens von der Wand .
Alle, die ein modernes Auto mit Alu- oder Multi-Materialkarosse haben (z.B. einen Audi) können sich das übrigens selber angucken. Im Kofferraum unter die Verkleidungen gucken. Da bekommt man dann eine große Anzahl von Stanznieten, Vollnieten, Flow-Drill-Schrauben, Zugankernieten und Clinchverbindungen zu sehen. Bei Karossen aus gemischten Materialien zusätzlich noch Wiederstandsschweißpunkte. Kleber ist aber bei diesen Wagen heutzutage so gut wie überall dazwischen, denn er dichtet die Flansche ab und erhöht die Karosseriesteifigkeit erheblich. Am haltbarsten sind die Klebeverbindungen übrigens nicht in der Verbindung mit Nieten, sondern mit (Flow-Drill-) Schrauben. Man glaubt es nicht. Aber ich schweife ab.
Zum Wirken braucht Kleber auch eine gewisse Schichtstärke. die stellt sich in den meisten Fällen von alleine ein, weil man die Bauteile gar nicht fest genug aneinandergepresst bekommt, um den Kleber so platt zu drücken daß er in seiner Tragfähigkeit eingeschränkt würde. Aber der Vollständigkeit halber sei das mal erwähnt. Die Datenblätter und Verarbeitungshinweise der Hersteller sollten da Auskunft geben. Die sollte man sowieso mal lesen (Ja, ja. Mache ich auch so gut wie nie), da stehen viele interessante Dinge drin.
Beim Anhänger klebt man üblicherweise nicht so viel. Wenn man die Bodenplatte erneuert kann man auf die Querträger etwas Kleber machen. Manchmal klappern Bodenplatten trotz der Verschraubung. Mit Kleber kann man dem entgegenwirken. Verschleißplatten auf Boden und Wand kann man ankleben, wobei ich die auf dem Boden lieber ohne Kleber festschrauben würde, dann bekommt man sie leichter wieder raus. An den Wänden kann man aber kleben, vor allem wenn man die eloxierten Alubordwände nicht anbohren will.
Fazit 3:
- Beim Kleben auf die Belastung der Bauteile achten und nötigenfalls zusätzliche Verbindungselemente einsetzen.
Und noch etwas grundlegendes
Die zu verklebenden oder abzudichtenden Teile müssen sauber, staubfrei, trocken und fettfrei sein. Natürlich steht das sowieso immer auf allen Produkten, aber nur weil es so wichtig ist. Man tut sich keinen gefallen das zu ignorieren, denn es funktioniert dann nicht prozessicher. Und zweckmäßigerweise entfettet man nicht mit mineralölhaltigen Lösemitteln. Damit bleibt unter Umständen ein Film zurück, der der Haftung eher abträglich ist.
Fazit 4:
- Bauteile vorher säubern, entstauben, trocknen und entfetten. Wirklich.
Öfter wird da schon die Dichtmasse benutzt
Da lege ich mich jetzt mal fest: Polyurethan ist das Beste. Überzeugt mich vom Gegenteil. Im Innenraum ist es noch egal, aber wenn man außen abdichtet muß man darauf achten daß das Zeug UV-stabil ist (Datenblatt). Sonst läuft euch das Wasser ziemlich schnell wieder unter die Bodenplatte oder in den Wohnwagen. Wenn man ein neues Bauteil einsetzt, welches hinterher Wasser- oder Luftdicht sein soll, kann es nicht schaden die Fügeflächen vorher mit Dichtmasse zu versehen, zusätzlich zur Abdichtung der Fugen.
Die Fugen kann man freihändig abdichten, wenn sie schön regelmäßig und eben sind. Oder man selbst sehr geschickt ist. Wir anderen behelfen uns mit abkleben. Rechts und links der Fuge ein Abdeckband aufkleben, Dichtmasse einspritzen und die Fuge glattziehen. Das Klebeband danach sofort wieder abziehen, im spitzen Winkel. Ansonsten fransen die Kanten aus. Vorher ausprobieren.
Es gibt auch spezielle Flügeldüsen, mit denen man sich eine wulstige Naht einstellen kann, aber die sind auch nicht gerade einfach in der Handhabung. Nebenbei: Kartuschen aus Alu und Plastik habe verschiedene Gewinde. Grob bei Kunststoff, fein bei Alu. Zwar passen die meistens irgendwie auf das jeweils andere Gewinde, aber wenn man hochviskose Dichtmasse hat, kann man die falsche Düse schon mal absprengen, wenn es dumm läuft.
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Die Flügeldüse.
Dichtmasse gibt es in verschiedenen Viskositäten. Hochviskose Dichtmasse hat den Vorteil, daß sie auch über Kopf da bleibt, wo man sie hinspritzt. Sie läßt sich aber nicht so gut glattziehen. Niederviskose Masse (meist dafür gedacht mit einer Druckluftpistole aufgetragen zu werden) Läßt sich erstklassig glattziehen und franst tendenziell weniger aus wenn man das Klebeband entfernt.
Zum Glattziehen der Nähte kann man auch irgendeine Art Schmier- oder Trennmittel einsetzen. Silikonspray ist aber auf jeden Fall nicht geeignet. Das vesaut die gesamte Umgebung. Wenn man anschließend noch lackieren will, hat man sich dann gerade viel Ärger eingefangen. Spülmittelwasser funktioniert eigentlich immer. Wenn man mit dem Pinsel arbeitet, sollte man Lösemittel benutzen. Aber aufpassen, welches. Klebt und Dicht (Würth) zum Beispiel verträgt sich nicht mit Nitroverdünnung, das klebt hinterher noch wochenlang. Teilweise vertragen sich auch diverse Lacksorten nicht mit der Dichtmasse, zumindest wenn sie noch nicht ausreichend durchgehärtet ist. Dann klebt der Lack oder löst sich sogar. Also vorher Datenblatt (Ich weiß: GÄHN!) lesen oder Vorversuche machen.
Braucht man an Sichtflächen unbedingt Dichtnähte, die wie gemalt aussehen, gibt es noch weitere Möglichkeiten. die schildere ich im nächsten Post, das wird etwas umfangreicher. Meiner bescheidenen Meinung nach fällt schwarze Dichtmasse beim Abdichten von Siebdruckplatten übrigens nicht so sehr ins Auge wie braune. Der braune Farbton passt meistens nicht zum Fabton der Siebdruckplatte (meistens zu hell). Und bei hellen Farbtönen fallen Unregelmäßigkeiten noch mehr auf als bei Dunklen.
Fazit 5:
- Auf die Tauglichkeit der Dichtmasse für den Einsatzzweck (innen/außen) achten.
- Schöne Dichtnähte brauchen Geduld.
- Zum Glattziehen ein geeignetes Mittel wählen.
Damit solltet ihr schon brauchbare Ergebnisse erzielen. Ich hoffe der Beitrag klingt nicht zu sehr nach Oberlehrer, das wäre nicht mein Ziel gewesen.
Mit der Kartuschenpistole winkt
Euer Lars